Ulm 1. März 1942
Mein lieber Mann!
Deinen lieben Brief habe ich erhalten und ich hab mich gefreut, dass Dich endlich unsere Post auch erreicht. Wenn auch Brief Nr. 5 als erster eingetroffen ist, vielleicht kommen die ersteren noch nach. Dass es Dir ordentlich geht erfüllt mich mit Freude. Weisst man sorgt sich halt ob alles recht ist.
Es ist jetzt Nachmittags 5 Uhr. Eben ist Franz weggegangen. Er kommt jeden Sonntagmittag 1-2 Stunden und spielt mit den Kindern. Das was er früher kaum verstanden hat, macht er jetzt selbst. Ich hab heimlich gelacht. Auf dem Boden ist er gelegen u. Brigitte hat auf ihm herumgerutscht. Die andern haben auch recht mit ihm umgetrieben. Flohspiel haben sie mit ihm gemacht auf dem Bodenteppich im Herrnzimmer. Der ganzen Länge nach sind alle dagelegen.
Momentan liest Agathe den Grossen ein Märchen vor, so dass ich in Ruhe mich mit Dir unterhalten kann. Im Bad haben wir das Wasser aufgemacht. An der Zuleitung zum Badeofen muss ein Rohr geplatzt sein, da kommt das Wasser zur Küchendecke herunter statt in die Badewanne. Bei Hollerbach ist nie jemand da, ich war schon 2 mal dort. Wenn ich ihn diese Woche nicht telefonisch erreichen kann, besorgt mir Franz jemand. Das leidige daran ist, dass es unterm Fenster ist und man Plättle wegmachen muss. Hoffentlich krieg ich bald jemand ders repariert.
Den Kindern geht es gut. Irmgard spricht sehr viel. Die ist und bleibt ein Ripp und Du hast schon recht dass man der Elfried beistehen muss, dass sie ihre Alte nicht ganz einschüchtert, aber sei überzeugt ich besorg das schon u. wenn manchmal Gewaltmittel notwendig sind. Denk Dir gestern sagte sie zu ihrer Elfried: ,,Wenn Du heut zu mir frech bist, geh ich in Urwald u. hol Affen u. lass sie auf Dich los!” Wie es uns Elfriede in ihrer Angst erzählt hat, haben wir geglaubt, nicht recht zu hören. Wo die blos solche Sachen herbringt, sie kommt doch nirgends hin.
Brigitte ist ein Rambass. Sie möchte immer mit ihren Grossen spielen und die können sie nicht brauchen und tragen sie in ein anderes Eck. Da schreit sie mächtig u. wehrt sich mit Händen u. Füssen. Einesteils bin ich froh, dass sie sich so wehrt. Am meisten freu ich mich, wenn sie zuhaut. Sie muss sich ihren Schwestern gegenüber schon behaupten.
Mit dem Geld komm ich schon zurecht, weisst einmal hat man mehr Ausschaffungen, dann wieder nicht. Die Arztrechnung von Dr. Haussen steht noch aus. Das laufende Konto steht momentan auf etwa 400.- M. Das Haushaltgeld für Monat März hab ich bereits. Höchstens es käme noch was extra dazwischen. Der eiserne Sparbetrag von Januar dürfte noch abgezogen werden müssen. Ich muss mal auf der Giro nachsehen lassen. Vom Gefängnis hab ich 2 Rechnungen bekommen, den Mist führen 2.- M. und das Telefon nach Schwendi mit 1.10 M. Von Koch Schussenried ebenfalls 3.50 M. fürs Grab auf Allerheiligen. Zu Deinem besseren Werktag Anzug hab ich Dir eine passende Hose gekauft und zu dem gestreiften kauf ich ebenfalls eine.
Auf dem Sparbetrag ist der Girokasse beim übertragen ein Fehler unterlaufen. Sie haben zu unserem Gunsten 100.-RM zuviel übertragen. Anscheinend hast Du das auch übersehen. Das Konto steht zur Zeit auf RM 238.57. Die Kinderzulage dürfte wohl 1/4 jährlich überwiesen werden, also wieder auf 1.4.42. Immer in gewissen Abständen teile ich Dir die Kontostände mit, weisst ich fühle mich dem innerlich etwas befreiten und Du hast besser den Kontakt mit daheim. Deshalb hab ich auch geschrieben was für Rechnungen eingelaufen sind.
Der Tante nach Reichenbach schreib ich im Lauf der Woche auch. Solang der Schnee liegt kann ich nicht hinauf. Auch muss ich da für mich bessere Tage abwarten. Bis in stark 14 Tagen dürfte das erste Vierteljahr um sein, ich hoffe dass es dann besser wird. Blos zeigen sich leider schon die Krampfordern.
Wenn es mir möglich ist geh ich über Ostern mit den zwei Grossen nach Cannstatt, denn nachher kann es wieder 1 Jahr anstehen, bis ich wieder hinabkann. Vater hat geschrieben, wenn die Gartenarbeit anginge käm er ein paar Tage und helfe uns. Ich hab es dankend angenommen zum Kartoffelacker richten.
Auch nach Reichenbach zu Tante hab ich 2-3 Tage gedacht. Ich möchte ihr bei dieser Gelegenheit das Haus durchspritzen. Irmgard würd ich mitnehmen.
Von Fred aus Holland hab ich heute auch einen Brief bekommen. Weil ich gerade am Schreiben war hab ich ihm wieder geschrieben und morgen hat er auch Geburtstag. Auch Toni hab ich eine Karte geschrieben mit dem Wunsch das Beschenken der Kinder übern Krieg zu unterlassen, denn es ist unmöglich was zu bekommen u. dann derart überteuert. Neulich wollte ich ein Tierchen zum Nachziehen kaufen. Für ein hässl. Ding das früher 50 DM, höchstens 75 DM gekostet hätte verlangen sie 4. RM. Das war mir zuviel.
Für unsere Kinder macht ja Onkel Franz was. Ich bin so froh, dass er so treu zu uns steht, ich hätte sonst auch niemanden. Er lässt Dich vielmals grüssen.
Auch wir grüssen und küssen Dich alle vielmals
Deine Emilie und Kinder
Mein Lieb! Wenn die Päckchensperre aufgehoben wird schick ich Dir sofort einige, etwas Vorrat hab ich schon für Dich gesammelt, back Dir dann was Gutes. Herzl. Küss Deine Emilie
Mein lieber Mann!
Deinen lieben Brief habe ich erhalten und ich hab mich gefreut, dass Dich endlich unsere Post auch erreicht. Wenn auch Brief Nr. 5 als erster eingetroffen ist, vielleicht kommen die ersteren noch nach. Dass es Dir ordentlich geht erfüllt mich mit Freude. Weisst man sorgt sich halt ob alles recht ist.
Es ist jetzt Nachmittags 5 Uhr. Eben ist Franz weggegangen. Er kommt jeden Sonntagmittag 1-2 Stunden und spielt mit den Kindern. Das was er früher kaum verstanden hat, macht er jetzt selbst. Ich hab heimlich gelacht. Auf dem Boden ist er gelegen u. Brigitte hat auf ihm herumgerutscht. Die andern haben auch recht mit ihm umgetrieben. Flohspiel haben sie mit ihm gemacht auf dem Bodenteppich im Herrnzimmer. Der ganzen Länge nach sind alle dagelegen.
Momentan liest Agathe den Grossen ein Märchen vor, so dass ich in Ruhe mich mit Dir unterhalten kann. Im Bad haben wir das Wasser aufgemacht. An der Zuleitung zum Badeofen muss ein Rohr geplatzt sein, da kommt das Wasser zur Küchendecke herunter statt in die Badewanne. Bei Hollerbach ist nie jemand da, ich war schon 2 mal dort. Wenn ich ihn diese Woche nicht telefonisch erreichen kann, besorgt mir Franz jemand. Das leidige daran ist, dass es unterm Fenster ist und man Plättle wegmachen muss. Hoffentlich krieg ich bald jemand ders repariert.
Den Kindern geht es gut. Irmgard spricht sehr viel. Die ist und bleibt ein Ripp und Du hast schon recht dass man der Elfried beistehen muss, dass sie ihre Alte nicht ganz einschüchtert, aber sei überzeugt ich besorg das schon u. wenn manchmal Gewaltmittel notwendig sind. Denk Dir gestern sagte sie zu ihrer Elfried: ,,Wenn Du heut zu mir frech bist, geh ich in Urwald u. hol Affen u. lass sie auf Dich los!” Wie es uns Elfriede in ihrer Angst erzählt hat, haben wir geglaubt, nicht recht zu hören. Wo die blos solche Sachen herbringt, sie kommt doch nirgends hin.
Brigitte ist ein Rambass. Sie möchte immer mit ihren Grossen spielen und die können sie nicht brauchen und tragen sie in ein anderes Eck. Da schreit sie mächtig u. wehrt sich mit Händen u. Füssen. Einesteils bin ich froh, dass sie sich so wehrt. Am meisten freu ich mich, wenn sie zuhaut. Sie muss sich ihren Schwestern gegenüber schon behaupten.
Mit dem Geld komm ich schon zurecht, weisst einmal hat man mehr Ausschaffungen, dann wieder nicht. Die Arztrechnung von Dr. Haussen steht noch aus. Das laufende Konto steht momentan auf etwa 400.- M. Das Haushaltgeld für Monat März hab ich bereits. Höchstens es käme noch was extra dazwischen. Der eiserne Sparbetrag von Januar dürfte noch abgezogen werden müssen. Ich muss mal auf der Giro nachsehen lassen. Vom Gefängnis hab ich 2 Rechnungen bekommen, den Mist führen 2.- M. und das Telefon nach Schwendi mit 1.10 M. Von Koch Schussenried ebenfalls 3.50 M. fürs Grab auf Allerheiligen. Zu Deinem besseren Werktag Anzug hab ich Dir eine passende Hose gekauft und zu dem gestreiften kauf ich ebenfalls eine.
Auf dem Sparbetrag ist der Girokasse beim übertragen ein Fehler unterlaufen. Sie haben zu unserem Gunsten 100.-RM zuviel übertragen. Anscheinend hast Du das auch übersehen. Das Konto steht zur Zeit auf RM 238.57. Die Kinderzulage dürfte wohl 1/4 jährlich überwiesen werden, also wieder auf 1.4.42. Immer in gewissen Abständen teile ich Dir die Kontostände mit, weisst ich fühle mich dem innerlich etwas befreiten und Du hast besser den Kontakt mit daheim. Deshalb hab ich auch geschrieben was für Rechnungen eingelaufen sind.
Der Tante nach Reichenbach schreib ich im Lauf der Woche auch. Solang der Schnee liegt kann ich nicht hinauf. Auch muss ich da für mich bessere Tage abwarten. Bis in stark 14 Tagen dürfte das erste Vierteljahr um sein, ich hoffe dass es dann besser wird. Blos zeigen sich leider schon die Krampfordern.
Wenn es mir möglich ist geh ich über Ostern mit den zwei Grossen nach Cannstatt, denn nachher kann es wieder 1 Jahr anstehen, bis ich wieder hinabkann. Vater hat geschrieben, wenn die Gartenarbeit anginge käm er ein paar Tage und helfe uns. Ich hab es dankend angenommen zum Kartoffelacker richten.
Auch nach Reichenbach zu Tante hab ich 2-3 Tage gedacht. Ich möchte ihr bei dieser Gelegenheit das Haus durchspritzen. Irmgard würd ich mitnehmen.
Von Fred aus Holland hab ich heute auch einen Brief bekommen. Weil ich gerade am Schreiben war hab ich ihm wieder geschrieben und morgen hat er auch Geburtstag. Auch Toni hab ich eine Karte geschrieben mit dem Wunsch das Beschenken der Kinder übern Krieg zu unterlassen, denn es ist unmöglich was zu bekommen u. dann derart überteuert. Neulich wollte ich ein Tierchen zum Nachziehen kaufen. Für ein hässl. Ding das früher 50 DM, höchstens 75 DM gekostet hätte verlangen sie 4. RM. Das war mir zuviel.
Für unsere Kinder macht ja Onkel Franz was. Ich bin so froh, dass er so treu zu uns steht, ich hätte sonst auch niemanden. Er lässt Dich vielmals grüssen.
Auch wir grüssen und küssen Dich alle vielmals
Deine Emilie und Kinder
Mein Lieb! Wenn die Päckchensperre aufgehoben wird schick ich Dir sofort einige, etwas Vorrat hab ich schon für Dich gesammelt, back Dir dann was Gutes. Herzl. Küss Deine Emilie