Ulm 8.11.42
Mein Liebster!
Seit Donnerstag früh, hab ich heute endlich wieder die erste Post von Dir erhalten, drei Briefe auf einmal. Was für Sorgen und Ängste wären mir erspart geblieben wenn sie der Reihe nach täglich gekommen wären. Weisst wenn man sein Liebstes und Wichtigstes vom Leben irgendwo krank weiss, denkt man sich gleich allerhand zusammen. Der Tag ist fast um und ich habe trotzdem den Druck noch nicht losbekommen, er hat sich eben zu tief gefressen.
Du hast schon recht mit der Vermutung, dass Deine Kinder samt mir allabendlich innigst um Deine Gesundung und Dein Heimkommen beten. Oftmals tagsüber schmerkelt sich Brigittle an mich und sagt: Gell Utti i Bigittedadele (schatzle). Elfried lebt in grosser Vorfreude auf ihre Pralinen, denn hier gibts sowas nicht.
Von der Gew. Bank1 hab ich eine Mahnung erhalten. Ich hab das Geld gleich überwiesen und an Herrn Speer2 entsprechend einige Worte geschrieben. Die Tageszeitung hab ich schon länger auf Deine neue Nummer umschreiben lassen. Geld hab ich Dir nur einmal überweisen lassen durch Franz. Wenn er kommt, will ich ihn darüber fragen. An Eugen möchte ich heute auch noch schreiben. Er ist jetzt leider in vorderster Linie im Kaukasus.3 Schon wieder eine vermehrte Sorge.
Auf dem Arbeitsamt war ich schon letzten Montag. Sie haben wirklich niemand und aufs Frühjahr will Agathe nicht warten und dann bekomme ich von dort jedenfalls blos ein Pflichtjahrmädel. In die Zeitung lass ich es setzen, doch das Resultat ist sicher null. Agathe war am Freitag zu Fräulein Kl. bestellt aber ich weiss nicht was sie gesprochen haben, sie hat jetzt heimgeschrieben ob dort niemand wäre, wenigstens den Winter über. Mir passt das zwar nicht recht, aber ich wart jetzt halt mal ab.
Die Hackerbraugesellschaft hat mir durch Gaissmaier4 in der König Wilhelmstraße 25 Flasche Nährbier zur Verfügung gestellt, die ich dort ratenweise holen darf. Ich freu mich sehr darüber, das kommt unserem Söhnlein zugute. Sein Kattarch und Husten wird jetzt besser, ich bin so froh! Er wiegt jetzt 8 ? 200 gr. und bekommt ein ansehliches Köpfle der junge Herr Müller. Mein grösstes Leid ist, dass Du ihn nicht sehen kannst. Auch bei den Mädels in der Nacht grösstenteils wieder durchschlafen und ich muss somit nicht mehr so oft aufstehen, zwei oder drei mal vielleicht noch.
Die Obere Inspektionsstelle wird wohl Herr Netzer bekommen. Er muss scheints schon mal Oberinspektor gewesen sein und wurde degradiert und strafversetzt weil seine Tochter sich mit einem Halbjuden, der nach Amerika ging, verlobt hat. Zufällig ist die Sache auf der Ortsgruppenleiter5 behandelt worden. Franz hat mirs neulich vertraulich gesagt. Ich kann mich noch entsinnen einmal Fräulein Netzer wegen ihrem Verlobten gefragt zu haben und sie mir gesagt hat, er sei ein Ausländer.
Ich will Schluss machen, Dein Filius meldet Hunger, dann hat alles Andere zu schweigen.
In der Hoffnung bald gute Nachrichten von Dir zu haben und eine gute Besserung wünschend grüsst und küsst Dich in treuer Liebe Deine Emilie und Kindern
Mein Liebster!
Seit Donnerstag früh, hab ich heute endlich wieder die erste Post von Dir erhalten, drei Briefe auf einmal. Was für Sorgen und Ängste wären mir erspart geblieben wenn sie der Reihe nach täglich gekommen wären. Weisst wenn man sein Liebstes und Wichtigstes vom Leben irgendwo krank weiss, denkt man sich gleich allerhand zusammen. Der Tag ist fast um und ich habe trotzdem den Druck noch nicht losbekommen, er hat sich eben zu tief gefressen.
Du hast schon recht mit der Vermutung, dass Deine Kinder samt mir allabendlich innigst um Deine Gesundung und Dein Heimkommen beten. Oftmals tagsüber schmerkelt sich Brigittle an mich und sagt: Gell Utti i Bigittedadele (schatzle). Elfried lebt in grosser Vorfreude auf ihre Pralinen, denn hier gibts sowas nicht.
Von der Gew. Bank1 hab ich eine Mahnung erhalten. Ich hab das Geld gleich überwiesen und an Herrn Speer2 entsprechend einige Worte geschrieben. Die Tageszeitung hab ich schon länger auf Deine neue Nummer umschreiben lassen. Geld hab ich Dir nur einmal überweisen lassen durch Franz. Wenn er kommt, will ich ihn darüber fragen. An Eugen möchte ich heute auch noch schreiben. Er ist jetzt leider in vorderster Linie im Kaukasus.3 Schon wieder eine vermehrte Sorge.
Auf dem Arbeitsamt war ich schon letzten Montag. Sie haben wirklich niemand und aufs Frühjahr will Agathe nicht warten und dann bekomme ich von dort jedenfalls blos ein Pflichtjahrmädel. In die Zeitung lass ich es setzen, doch das Resultat ist sicher null. Agathe war am Freitag zu Fräulein Kl. bestellt aber ich weiss nicht was sie gesprochen haben, sie hat jetzt heimgeschrieben ob dort niemand wäre, wenigstens den Winter über. Mir passt das zwar nicht recht, aber ich wart jetzt halt mal ab.
Die Hackerbraugesellschaft hat mir durch Gaissmaier4 in der König Wilhelmstraße 25 Flasche Nährbier zur Verfügung gestellt, die ich dort ratenweise holen darf. Ich freu mich sehr darüber, das kommt unserem Söhnlein zugute. Sein Kattarch und Husten wird jetzt besser, ich bin so froh! Er wiegt jetzt 8 ? 200 gr. und bekommt ein ansehliches Köpfle der junge Herr Müller. Mein grösstes Leid ist, dass Du ihn nicht sehen kannst. Auch bei den Mädels in der Nacht grösstenteils wieder durchschlafen und ich muss somit nicht mehr so oft aufstehen, zwei oder drei mal vielleicht noch.
Die Obere Inspektionsstelle wird wohl Herr Netzer bekommen. Er muss scheints schon mal Oberinspektor gewesen sein und wurde degradiert und strafversetzt weil seine Tochter sich mit einem Halbjuden, der nach Amerika ging, verlobt hat. Zufällig ist die Sache auf der Ortsgruppenleiter5 behandelt worden. Franz hat mirs neulich vertraulich gesagt. Ich kann mich noch entsinnen einmal Fräulein Netzer wegen ihrem Verlobten gefragt zu haben und sie mir gesagt hat, er sei ein Ausländer.
Ich will Schluss machen, Dein Filius meldet Hunger, dann hat alles Andere zu schweigen.
In der Hoffnung bald gute Nachrichten von Dir zu haben und eine gute Besserung wünschend grüsst und küsst Dich in treuer Liebe Deine Emilie und Kindern